Petition richtet sich an:
Daniel Bahr, Bundesminister für Gesundheit
Wir fordern eine Neudefinierung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit, höhere Personalschlüssel in Pflegeheimen, Abbau von Bürokratie, sinnvolle Kontrollen und finanzielle Anerkennung für Pflegekräfte. Wir fordern die Unterstützung der Politik und Gesellschaft!
Pflegebedürfigkeit betrifft momentan 2,25 Millionen Menschen der Bevölkerung in Deutschland. Aufgrund des demographischen Wandels ist in den nächsten Jahrzehnten ein enormer Anstieg der Pflegebedürftigen zu erwarten, für 2030 werden bereits 3,3 Millionen pflegebedürftige Menschen prognostiziert. Im Gegenzug nimmt die Zahl der Beitragszahler und potentieller Pflegekräfte weiter ab.
Jeder Mensch kann betroffen sein: ob als Mensch im Alter, mit Behinderung durch Krankheit oder Unfall, als Angehöriger oder als Pflegender. Die Pflegebedingungen haben sich in den letzten Jahren enorm verschlechtert. In Pflegeheimen besteht ein realer Personaleinsatz von 12:1. Das bedeutet 12 zu betreuende werden von einer Pflegekraft versorgt. Die meisten Menschen haben Unterstützungsbedarf in mehreren Lebensbereichen. Von der Körperpflege über die Zubereitung/ Einnahme von Mahlzeiten bis hin zur Ausübung von sozialen Kontakten. Um diese Grundbedürfnisse der Menschen zu erfüllen, muss der Personalschlüssel erhöht werden. Neben der Arbeit am Menschen steigen die Anforderungen der Kontrollorgane hinsichtlich der Dokumentation, welche in jeder Schicht einen immer größeren Anteil einnimmt und somit die Zeit am und mit dem Menschen kürzt. Zur Erklärung: Pflegebedürftig sind nach §14 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem Umfang oder höherem Maße der Hilfe bedürfen.
Hiermit wollen wir auf die Problematiken in der Pflege aufmerksam machen und allen näher bringen, was uns vielleicht schon morgen erwarten kann und was wir daran ändern müssen. Gemeinsam für gute Pflege, gemeinsam für die Menschen, gemeinsam gegen Papier!
Begründung
Es kann jeden treffen Etwa 2,25 Mio. Menschen in Deutschland sind auf verschiedene Art und Weise pflegebedürftig. Pflegebedürftigkeit umfasst ein großes Feld: das Kind mit Behinderung, das von seinen Eltern gepflegt wird; der junge Erwachsene, der seit einem Unfall querschnittsgelähmt ist; die junge Mutter, der eine Krankheit wie MS den Plan eines gesunden Lebens mit ihrer Familie zerstört, der 60-jährige Frührentner, der plötzlich einen Schlaganfall erleidet, die 80 jährige Oma, die manchmal nicht mehr weiß wer sie selbst ist. Die Liste ist endlos. Neben den direkt durch Pflegebedürftigkeit Betroffenen, sind auch Angehörige mit betroffen. Die Verantwortung kann nicht abgegeben werden. Wenn Mama, die uns gewickelt und gefüttert hat, auf einmal selbst nicht mehr zur Toilette gehen kann, mit dem Löffel nicht mehr den Mund trifft, dann ist man als Kind gefordert sich mit der Situation auseinander zu setzen und eine gute Lösung zu finden. Oftmals kann man aufgrund eigener Berufstätigkeit seine Eltern nicht zu Hause pflegen. Also wird ein Pflegeheim gesucht. Den Eltern soll es gut gehen. Doch wie sollen Pflegekräfte diesen Eltern ständig zuhören, sie begleiten, wenn sie trotz Orientierungslosigkeit spazieren gehen wollen, ihnen zur gewohnten Uhrzeit Essen zu reichen, wenn pro Pflegekraft 12 Personen zu versorgen sind und jeder Handgriff dokumentiert werden muss?
12 zu 1, eine Zahl hinter der Menschen stehen 12 zu 1, das ist der reale Personaleinsatz für ein Pflegeheim. Immer mehr Menschen sollen versorgt werden. Die Finanzierung erfolgt nach Einschätzung des MDK in Pflegestufen. Politisch reagiert wurde bisher lediglich mit der sog. Pflegestufe 0 auf den erhöhten Zeitaufwand bei Menschen mit Demenz, die durch Hinlauftendenzen etc. zeitaufwändig sind, auch wenn sie sich unter (zeitintensiver) Anleitung und Begleitung selbst pflegen können. Die weiteren Pflegestufen von 1-3 werden auf die Minute genau berechnet. Z.T. entscheiden 2 Minuten zu wenig Pflegeaufwand über mehrere hundert Euro finanzielle Unterstützung bzw. über einen höheren/niedrigeren Personaleinsatz im Pflegeheim.
Weniger ist mehr-Dokumentationswahnsinn Der Dokumentationsaufwand hat sich seit Einführung der Pflegeversicherung mehr als verzehnfacht. In realistischen Zahlen ausgedrückt, bedeutet dies, dass pro Bewohner etwa 15 Minuten TÄGLICH auf die Dokumentation entfallen. Was erst mal wenig klingt, bedeutet für ein 60 Betten Haus bei normaler Personalbesetzung,dass in 24 Std. von einer Pflegekraft im Schnitt 1,25 Std. lang Papier beschrieben wird. Hier sind weitere Tätigkeiten die NICHT am/mit dem Bewohner stattfinden (Arztkontakte/Visiten, Angehörigenkontakte, hauswirtschaftliche Tätigkeiten und Organisatorisches) noch nicht einberechnet. Dient dies wirklich dem Wohlbefinden und der Sicherheit des Pflegebedürftigen? Wäre ihm nicht mehr mit 15 Min. Zuwendung gedient?
Was sollte mehr kontrolliert werden? Atomkraftwerk oder Pflegeheim? Aktuell unterliegen Pflegeheime einer intensiveren Kontrolle durch verschiedenste Organe als ein Atomkraftwerk. Kontrolliert wird durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK), FQA (ehem. Heimaufsicht), Gesundheitsamt, Gewerbeaufsichtsamt, Berufsgenossenschaft, Lebensmittelkontrolle der Kommunen, Vorbeugender Brandschutz der Kommunen, Zoll, Bauamt der Kommunen, TÜV Süd (arbeitsmedizinischer Dienst der Mitarbeiter), Wirtschaftsprüfer, Finanzamt.. Die Kontrollen des MDK kosten jährlich 100.000.000 €, damit könnte man 21.000 Fachkraftstellen in Vollzeit finanzieren. Die Kontrollen führen nicht unbedingt zu einer Verbesserung des Wohlbefindens des einzelnen Pflegebedürftigen oder zur Transparenz der Arbeitsqualität, sondern viel mehr zu weiteren Dokumentationsformularen, ergo mehr Arbeit am Papier als am Menschen. Gute Qualität und deshalb gute Noten, ergeben sich aus gut beschriebenem Papier. Es wird so lange kostenpflichtig (für die Einrichtung) nachkontrolliert, bis das Papier „gut genug“ beschrieben wurde. Die Bewohnerumfrage fließt NICHT in die Gesamtnote mit ein. Gerade diese Menschen können am besten beurteilen ob sie sich wohl- und gut gepflegt fühlen. Oder wie sehen Sie das?
Schuften für den Mindestlohn? Pflegekräfte sind: Krankenpfleger, Teilzeitärzte, Seelsorger, Krankengymnasten, Freizeitanimateure, Köche, Reinigungskräfte, Raumgestalter, Büroangestellte, Hausmeister, Kummerkasten, Teilzeit-Familie.. Dennoch verdient ein Mitarbeiter einer Fast-Food Kette in Deutschland erheblich mehr als eine nach Tarif vergütete Pflegekraft. Eine höhere Bezahlung ist bei der momentanen Regelung der Refinanzierung nicht möglich. Welchen Anreiz bietet der Beruf ihn zu erlernen? Nur wenn sich bezüglich unserer Forderungen etwas ändert, kann humane Pflege überhaupt weiter bestehen!! Jetzt ist die Politik gefordert und jeder von uns zeigt mit seiner Unterstützung die Aktualität und Dringlichkeit!