Bürgerrechte

Neuauflage des IfSG: Nein zur Ermächtigungsgrundlage!

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutscher Bundestag Petitionsausschuss
232.028 Unterstützende 228.430 in Deutschland

Petent hat die Petition nicht eingereicht/übergeben.

232.028 Unterstützende 228.430 in Deutschland

Petent hat die Petition nicht eingereicht/übergeben.

  1. Gestartet 2020
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Gescheitert

17.11.2020, 18:01

Diese Petition behandelt ein kontroverses Thema. Als politisch neutrale Petitionsplattform möchte openPetition politische Willensbildung und sachliche, öffentliche Debatten fördern.

Im Folgenden soll daher auf eine Einschätzung der Novelle des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) von Frau Dr. Andrea Kießling hingewiesen werden. Frau Dr. Kießling ist Akademische Rätin a.Z. an der juristischen Fakultät der Universität Bochum, spezialisiert auf Sozial- und Gesundheitsrecht sowie Infektionsschutzrecht und wurde bereits vom Bundestag als Einzelsachverständige zur Anhörung des Gesundheitsausschusses zum IfSG geladen.

+++ Positiv betrachtet sie am 17.11. via Twitter die folgenden Punkte der geplanten Novelle:

“- Der Katalog der Schutzmaßnahmen des § 28a Abs. 1 wird an einigen Stellen präzisiert, wo er vorher besonders unbestimmt war
- Der überflüssige (weil selbstverständliche) Satz „Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein“ wird gestrichen.
- Für einige (nicht alle) der besonders sensiblen Bereiche (Versammlungen, Gottesdienste, Ausgangsbeschränkungen, Betreten von Pflegeheimen) müssen besondere Voraussetzungen vorliegen.
- Pflicht zur Kontaktdatenerhebung wird präzisiert (Zweck, Herausgabe nur an Ges.amt, Löschung nach 4 Wo)
- Es ist nicht mehr von „schwerwiegenden“, „stark einschränkenden“ und „einfachen“ Schutzmaßnahmen die Rede, ohne diese Begriffe an bestimmte Schutzmaßnahmen zu koppeln
- Rechtsverordnungen müssen begründet und befristet („grundsätzlich 4 Wochen“) werden.”

--- Ihre Kritikpunkte an der geplanten Novelle sind:

“- Wieso müssen nur Rechtsverordnungen und nicht Allgemeinverfügungen befristet werden? (Der Lockdown in Berchtesgaden z.B. wurde per Allgemeinverfügung angeordnet.)
- Maßnahmen sind „insbesondere an dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems auszurichten“: Das ist meiner Meinung sehr unbestimmt (weil sehr abstrakt) und das ist eigentlich auch nicht das
was § 28a bezweckt, wenn an anderer Stelle von den bekannten 35er- und 50er-Inzidenzwerten die Rede ist. In der Sache geht es um die Aufrechterhaltung der Möglichkeit der Gesundheitsämter, die individuelle Kontaktverfolgung und die Isolierung Infizierter durchzuführen.
Im Übrigen wirkt der entsprechende Absatz in § 28a nach wie vor sehr starr, ob er in der Praxis tatsächlich eine Steuerungswirkung entfaltet, bleibt abzuwarten.
- Neu: Offenbar sollen nächtl Ausgangssperren zulässig sein („Ausgangsbeschränkungen“/“Verlassen des priv. Wohnbereichs nur zu bestimmten Zeiten“). Das Virus überträgt sich aber nachts nicht anders als tagsüber (oder andersh.). Die Regelung halte ich für verfassungswidrig.
- Es ist weiterhin davon die Rede, dass ggf. bundesweit einheitliche Maßnahmen anzustreben sind. Bundesweit einheitliche Maßnahmen kann aber nur der Bund verordnen, dafür bedarf es einer entsprechenden Verordnungsermächtigung.”

--- Ihre Kritikpunkte an der öffentlichen Debatte sind:

“Und für alle, die von „Ermächtigungsgesetz“ sprechen: Bei § 28a handelt es sich so wenig um ein „Ermächtigungsgesetz“ wie beim bish. IfSG. Wenn wir keine Gesetze hätten, die die Behörden zu Grundrechtseingriffen ermächtigen würden, wäre der Staat handlungsunfähig. Oder eine Diktatur”


Quelle: twitter.com/andkiessling/status/1328602996087939073

Mehr Informationen zu dem juristischen Begriff “Ermächtigungsgrundlage”: Ermächtigungsgrundlagen sind notwendig für viele gesetzliche Regelungen, u.a. etwa das Schulgesetz, die Straßenverkehrsordnung oder das Polizeigesetz. Das liegt daran, dass in der Verfassung festgelegt ist, dass Maßnahmen, die Grundrechte beschneiden, nur dann auf Bürgerinnen und Bürger anwendbar sind, wenn eine solche (Ermächtigungs-)Grundlage vorhanden ist. Ermächtigungsgrundlagen sind zwingend notwendig, um den Staat zu befähigen, seiner Arbeit nachzugehen.

Quelle: www.juracademy.de/allgemeines-verwaltungsrecht/ermaechtigungsgrundlage-va.html

Im Folgenden auch ihr Entwurf für eine Revision des Infektionsschutzgesetzes, der die angesprochenen Kritikpunkte aufgreift (es öffnet sich ein PDF): www.oer.ruhr-uni-bochum.de/mam/content/gesetzentwurf_zur_%C3%84nderung_des_ifsg_kie%C3%9Fling.pdf


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